Produktmanagement - wo stehst du?
Digitalisierung, Agilisierung, Geschäftsmodelle, Kreislaufwirtschaft – quo vadis, Produktmanagement?
In Zeiten grosser Informationsverfügbarkeit scheinen Ideenreichtum, Themenbeherrschung und Geschwindigkeit bei der Anpassung die Erfolgsfaktoren für Unternehmen zu sein. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Produktmanagement. Die Kompetenzerwartung und der Druck auf die Menschen in der Funktion «Produktmanager» ist hoch.
Die Rolle Produktmanager*in
Die Vielfalt der Stellenbeschreibungen variiert: einige Produktmanager sind in der Entwicklungsabteilung angesiedelt und arbeiten eng mit den Entwicklern zusammen, andere sind im Marketing angesiedelt und finden die Zusammenarbeit mit der Entwicklung nicht einfach.
Einige sind nah am Kunden und kennen die Situation vor Ort sehr gut, andere verlassen sich eher auf die Berichte von Kollegen z.B. aus dem Vertrieb.
Durch die enge Verzahnung mit den drei Bereichen, kann das Produktmanagement in einem der drei Bereiche angesiedelt sein oder sogar separat als Hub innerhalb der Organisation wirken.
Aufgaben des Produktmanagements
Der Aufgabenbereich des Produktmanagements umfasst von der Strategie des Produkts oder einer Produktfamilie über das Geschäftsmodell, die technische Umsetzung und den Markteintritt bis zum Ende des Produktes und seinen gesamten Lebenszyklus bis zum Marktaustritt. Dabei können Partnermanagement in der Entwicklung bis zum Vertrieb ein Thema sein, regulatorische Vorschriften oder Beschaffungsanforderungen wie Kreislaufwirtschaft. Fragen Sie mal eine Gruppe von Produktmanagern, was ihre Aufgaben sind - Sie werden ein Potpourri an Antworten erhalten. Auch die Abgrenzung zu Vertrieb oder Marketing-Aufgaben ist nicht trivial und variiert von Firma zu Firma. Kurz: es gibt nicht DIE Produktmanagerin, die Welt ist zu bunt, die Varianz in der Aufgabenteilung zwischen diversen Funktionen zu gross.
Die Fülle möglicher Aufgaben macht es umso dringlicher, die Rolle der Produktmanagerin gut genug festzuhalten, um der Person den nötigen Fokus zu erlauben, diese Schwerpunkte verantwortungsvoll und gut zu machen, und eine Überlastung oder gar ein Ausbrennen zu vermeiden. Dies geht Hand in Hand mit der Klärung, wer welche Aufgaben sonst übernimmt, z.B. welche Aufgaben bei einem Brandmanager liegen und welche vom Vertrieb abge- oder übernommen werden. Um alle Aspekte des Produktmanagements auszufüllen, braucht es ein Team.
Produktmanagement in einem Bild
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Mir hat diese Übersicht aus dem Blog von Christian Konz gefallen, die in einem Bild oder "Modell" das Aufgabenspektrum des Produktmanagements wiedergibt.
Durch Einfärben bestimmter Bereiche wird schnell sichtbar, welche Themen z.B. das strategische Produktmanagement umfasst oder umfassen kann, welche Teilgebiete die Produktentwicklung und welche das Produktmarketing.
Mit Hilfe des Modells können Themenbereiche oder Aspekte und ihre Zusammenhänge gut dargestellt werden, andere Aspekte und Zusammenhänge kommen nicht so gut heraus, da sie irgendwo in den Themen oder quer liegen. Da können andere Frameworks helfen.
Eine andere Darstellung findet sich im Modell der Open Practice Library
Sie hebt Aspekte hervor, die aktuell mit der zunehmenden Aufmerksamkeit für agile Ansätze mehr und mehr in den Fokus geraten: Discovery oder continuous exploration, wie es im SAFe-Kontext heisst. Die Aspekte, die hier betont werden, sind in der ersten Darstellung irgendwo im Strategiekreis und der Produktentwicklung verborgen. In der heutigen Zeit der schnellen Veränderung gewinnen diese Themen immer mehr an Bedeutung:
Habe ich einen Überblick über Trend und Marktentwicklungen in meinem Bereich?
Habe ich ein ausgewogenes Produktportfolio, dass neben der Weiterentwicklung unserer Produkte auch zukünftige Möglichkeiten adressiert?
Bietet mein Unternehmen einen guten Prozess, um neue Ideen
auf ihr Innovationspotential anzuschauen,
sie durch schnelles Testen auf ihre Markttauglichkeit zu überprüfen
sie mit langem Atem bis zur Marktreife zu bringen?
Welches Modell oder Framework sich eignet, hängt von den konkreten Fragestellungen in Ihrem Produktmanagement ab: Sie brauchen vermutlich kein generisches Modell, sondern haben konkrete Fragen in Ihrem spezifischen Kontext.
Framework oder Modell?
"A model is something used to represent or explain the operation and mechanism of something else. A conceptual model exists in one`s mind.
A framework is a way of representing the empirical relations between every aspect of inquiry when considered a scientific theory or research. It describes the general direction and the constraints of the theory or research." [1]
Während das "Modell" ein Konstrukt ist, das das Zusammenwirken erklärt und damit auch fixiert als Mechanismus, ist ein "Framework" oder Denkgerüst, wie man es übersetzen könnte, eher als Orientierungshilfe aufgrund bisheriger Erfahrungen zu verstehen. Umgangssprachlich ist die Trennung nicht so deutlich, wir vermischen die beiden gerne. Doch wir sind mit steigender Komplexität konfrontiert und müssen uns Wege bahnen in das unbekannte Land: unsere bisherige Sprache ist nicht darauf vorbereitet, daher brauchen wir auch die Arbeit mit und an der Sprache, um das Neue zu begreifen.
Führung des Produktmanagements: Prioritäten für 2020
In einer Untersuchung von Ende 2019 wurden die Leiter des Produktmanagements befragt, was ihre Herausforderungen und Prioritäten für 2020 sind. Diese fasst Jeff Lash wie folgt zusammen:
"In a recent SiriusDecisions survey, we asked product management leaders about their top challenges and skills their product managers need to improve.
Major challenges included the quality and consistency of the product innovation and lifecycle process, portfolio management, focusing on solutions, and clarifying roles
Common skill gaps include understanding customer needs, developing business cases, collecting customer feedback, and market sizing and segmenting" [2]
Oder anders formuliert:
Verbesserung des Prozesses für Produktinnovationen und Lifecycle Management: ist dies ein Prozess oder sind es mehrere? Sind die Erfolgskriterien für Innovationen die gleiche wie für bestehende Produkte?
Beständigkeit über die gesamte Produktmanagement-Organisation
Es reicht demnach nicht, Frameworks oder Vorgehensmodelle nur zu kennen, das beste davon zu wählen oder ein bisschen auszuprobieren: erst die konsequente Umsetzung und die ständige Weiterentwicklung bringt auch die Vorteile des Frameworks. Was klingt wie eine Binsenweisheit, zeigt immer wieder, wie schwierig es nicht, solche Frameworks in einer Organisation verankern: häufig zeigt sich der Mehrwert erst, wenn das Zusammenspiel aller Beteiligten (wieder) gut eingespielt ist, Luft zum Atmen und Raum zur Entwicklung bleibt.
Der Bedarf an Portfolio- und Solution-Management nimmt zu. Dies beinhaltet auch die Geldströme (Budgetierung und Investitionen).
Es fehlt an bestimmten Fähigkeiten bei den Mitarbeitenden im Produktmanagement: der grösste Bedarf liegt in der Kunden- und Marktausrichtung! Ich habe in einer Firma erlebt, dass genau die Features umgesetzt werden, von denen der Verkauf am vehementesten behauptet hat, ohne dieses könne das Produkt nicht mehr am Markt verkauft werden, das müsse nun endlich umgesetzt werden. In einer anderen Firma hat einer der Produktmanager einfach geschaut, was die Konkurrenz macht, hat bei den technischen Spezifikationen alles um einen Faktor besser gemacht und das als Spezifikation an die Entwicklungsabteilung gegeben. Dies war sein Workaround, weil er selbst sich mit den Produkten nicht so gut auskannte. Gemäss den Ergebnissen der Umfrage ist er nicht der einzige, der sich einen Workaround zurechtgelegt hat.
Unternehmen sind ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor. In unserer arbeitsteiligen Welt bieten sie uns Produkte an, die wir nicht selbst herstellen oder erwirtschaften, und ermöglichen uns als Arbeitgeber ein Einkommen und damit einen Anteil am Wohlstand. Die Produkte gestalten unsere Welt, unsere Umwelt und unser Verhalten. Sie werden immer komplexer und benötigen daher diverse Blickwinkel und Erfahrungen. So kommt dem Produktmanagement eine wichtige Rolle über die Unternehmensgrenzen hinweg zu. Daher möchten wir den Produktmanager*innen unsere Unterstützung anbieten und so dazu beitragen, unsere Gesellschaft und unsere Umwelt verantwortungsvoll zu gestalten.
Unsere Angebote für Produkt- und Innovationsmanager:
Der Workshop Produktmanagement bringt gleichgesinnte zusammen, ermöglicht einen Erfahrungsaustausch und gibt Praktiken an die Hand für den Geschäftsalltag.
Prüfen Sie im Workshop Customer Advisory Board, ob das ein hilfreicher Ansatz für Ihr Produktmanagement ist.
[1] Aus www.differencebetween.com
[2] Aus www.siriusdecisions.com
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